Gottlieb(t) Daimler

Wenn Christen am Arbeitsplatz beten

Jahrestreffen der Christen bei Daimler und Benz
Beim Autohersteller Daimler besteht ein Draht zum Himmel: Die Mitglieder des Netzwerkes «Christen bei Daimler & Benz» beten regelmässig für die Firma – weltweit. Inzwischen gibt es nicht nur grosse jährliche Treffen, sondern auch Nachahmer.

«Uns ist es wichtig, unser Christsein nicht nur am Wochenende zu leben, sondern auch unter der Woche bei der Arbeit», sagt Helmut Keller, der vor 17 Jahren das Netzwerk «Christen bei Daimler & Benz» begründete. Die Christen beten regelmässig für ihre Firma und deren Mitarbeiter.

Mittlerweile gehören über 1'500 Menschen dem Netzwerk an, fast 300 davon leben im Ausland. «Als wir einmal in einer zwanglosen Umfrage nach der Gemeindezugehörigkeit fragten, waren da alle Denominationen vertreten», erklärt Hannes Ackermann, dem Keller im Jahr 2020 die Gesamtleitung des Verbundes übertrug. «Landeskirchler, Pietisten, Katholiken, Freikirchler.» Der 44-jährige Controller fügt hinzu: «Genau das ist die grosse Stärke des Netzwerkes.»

50 Gebetskreise in der ganzen Welt

Er habe in seinem Leben schon allerlei christliche Gemeinden kennengelernt, sagt Keller, der an der Uni Karlsruhe im Fach Elektrotechnik promovierte und dann bei Daimler in der Entwicklung arbeitete. «Am Ende», sagt er, «liebt Gott alle Menschen. Und wenn Jesus Christus die Mitte ist, dann ist es völlig egal, ob und wie jemand getauft wurde oder in welche Gottesdienste er geht.»

Regelmässige Gebetskreise seien der Kern der Arbeit, sagt Keller. Davon gebe es 50 auf der ganzen Welt. Jedes Jahr im November gibt es zudem ein grosses Treffen. Etwa 400 Menschen kommen persönlich, rund 300 schalten sich übers Internet dazu. Es gibt Lobpreismusik und Predigten, und natürlich viel Gebet für die Firma. Standdienste auf der Automesse IAA gehören ebenso zur Arbeit wie die Vernetzung mit Christen aus anderen Automobil-Branchen und ein Newsletter. Und ja, wenn jemand im Unternehmen als Christ auffalle, etwa durch ein Gebet vor dem Essen, dann werde er schon mal auf das Christen-Netzwerk angesprochen.

Folge dem Stern

Fahren denn beide selbst auch Mercedes? «Ja, klar», sagt Keller, «ich hatte schon immer einen Mercedes-Stern auf der Stirn», lacht er. Auch sein Kollege Ackermann nickt: «Schon aus Loyalität fahre ich Mercedes, aber abgesehen davon finde ich das Produkt gut.» Natürlich gebe es immer mal Entscheidungen in der Führungsriege des Unternehmens, die man nicht verstehe oder nicht mitgehen würde. «Aber wir nehmen vieles mit ins Gebet, wir glauben, dass darauf ein grosser Segen liegt.»

Die «krasseste» Gebetserhörung sei wohl die gewesen, als die A-Klasse herauskommen sollte und ein Journalist den Wagen zum Umkippen brachte. Als «Elch-Test» machte das 1997 die Runde, und der Verkauf der neuen Modellreihe, viele tausend Arbeitsstellen und acht Jahre Entwicklungsarbeit standen auf der Kippe. «Wir haben sehr für einen glücklichen Ausgang dieser PR-Katastrophe gebetet», sagt Keller, der mittlerweile 67 und in Rente ist. In nur acht Wochen fand der Konzern mit dem elektronischen Fahrassistenzsystem ESP einen Weg, das Auto automatisch zu stabilisieren. «Die A-Klasse wurde am Ende ein grosser Erfolg.»

Pietistische Wurzeln

Angefangen hatte das Gebets-Netzwerk 2006, da legte der Ingenieur spasseshalber eine Liste mit den Namen von Kollegen an, die wie er Christen waren. Schnell waren es 150 Einträge. Christen von Volkswagen informierten sich 2011 bei Keller und gründeten ein eigenes VW-Christen-Netzwerk. Auch bei BMW und Audi gibt es so etwas mittlerweile, bei Bosch seien inzwischen sogar ebenfalls rund 50 Gebetskreise weltweit aktiv. Ein Konkurrenzkampf sei das aber sicher nicht, lacht Keller. 2013 unterstützte er mit anderen die Gründung des Vereins «Christen in der Automobilindustrie» (CAI).

Vor 13 Jahren sorgte ein besonderer Mercedes-Werbespruch für Aufmerksamkeit. Der Gag geht auf eine Idee von Ackermann zurück. An den Vornamen des Gründers hatten die Werber für eine Plakataktion ein «t» angehängt. «Gottliebt Daimler» stand da neben einem Foto des neuen Mercedes-Benz SLS AMG. Der Spruch werde natürlich auch heute noch ab und zu bei den Daimler-Christen in die Runde geworfen, sagt Keller. Tatsächlich lasse sich rekapitulieren, dass der frühe Autobauer gläubiger Christ war. «Gottlieb Daimler kam aus einem pietistischen Elternhaus», sagt Keller. «Vielleicht ist damals schon so etwas wie die geistliche Wurzel unserer Arbeit heute gelegt worden.»

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Datum: 15.12.2023
Autor: Jörn Schumacher
Quelle: Livenet

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